Reichsstift und Kloster Walkenried

Steinweg 4A, 37445 Walkenried
ab 7 €

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Reichsstift und Kloster Walkenried

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Das Reichsstift und Kloster Walkenried liegt im Südharz im gleichnamigen Ort.

Dieser Ort hat nicht nur regionale und überregionale Bedeutung, sondern stellt mit seinem ehemaligen, reichsfreien Zisterzienserstift auch einen Leuchtturm der deutschen Geschichte dar.

Das Abenteuer in der Übersicht

Walkenried im Frühmittelalter

Im Frühmittelalter war das Gebiet von Walkenried unter der Herrschaft der Grafen von Clettenberg, die ihren Stammsitz in der Sachsenburg hatten, die heute in der Nähe von Bad Sachsa liegt. Es wird vermutet, dass „Vetus Walkenredde“ ursprünglich ein Wirtschaftsgut der Sachsenburg war. Erstmals erwähnt wurde der Ort Walkenried im Jahre 1085 in einer Urkunde. Nur wenige Jahre zuvor tobte der Sachsenkrieg, bei dem Kaiser Heinrich IV. in der Harzregion gegen ein Bündnis aus sächsischem Adel und kirchlichen Würdenträgern kämpfte. Die aufständischen Sachsen, die gegen die Rückerlangung verloren gegangener Königsgüter durch Heinrich IV. rebellierten, wurden von Otto von Northeim und Bischof Burchard II. von Halberstadt angeführt. Graf Volkmar von Clettenberg war einer der rebellierenden Sachsen.

Gründung des Zisterzienserklosters Walkenried

Nach einer verheerenden Niederlage im Krieg mussten die Sachsen endgültig kapitulieren. Graf Volkmar, der sich der kaiserlichen Rache entziehen wollte, floh ins Kloster Huysburg und überließ seiner Gattin Adelheidis einen Teil seiner Güter als Leibrente. Diese beschloss, ein Kloster in Walkenried zu gründen und dort ihre letzte Ruhestätte zu finden. Allerdings gestaltete sich die Besetzung des Klosters mit Mönchen als schwierig. Erst 1127 erhielt sie Unterstützung vom Kloster Altenkampen am Rhein, das dem Zisterzienserorden angehörte. Dieser reformierte Zweig des Benediktinerordens war für seine harten Ordensregeln bekannt, die einen 16- bis 17-stündigen Arbeitstag beinhalteten. Dank der unvergleichlichen Tatkraft der Mönche konnte das neue Kloster bereits zwei Jahre später bezogen werden. Die Mönche kultivierten das Land, legten Sümpfe trocken und schufen zahlreiche Teiche, die bis heute von ihrer Schaffenskraft zeugen.

Im Jahr 1132 genehmigte Kaiser Lothar III. die Schenkungen an das Kloster und fügte weitere Zuweisungen von Grundbesitz hinzu. Die Weihe der ersten Klosterkirche erfolgte 1137 durch den Erzbischof von Mainz und im gleichen Jahr wurde das Kloster und sein Besitz vom damaligen Papst Innozenz II. bestätigt. Der erste Abt des Klosters, Hericius, war nicht nur ein geschickter und tatkräftiger Leiter, er hatte auch das Glück auf seiner Seite und konnte so einen unvergleichlichen Aufschwung des Klosters erleben.

Schon 1132 hatte das Kloster einen enormen Reichtum angehäuft, der es ihm ermöglichte, eine erste Tochtergründung namens Kloster Marienpforta (ursprünglich bei Schmölln/Leipzig, später Naumburg) zu gründen. Der Zisterzienserorden hatte die Eroberung des Ostens zum Ziel. Neun Jahre später, im Jahr 1141, gründete das Kloster eine zweite Tochtergründung namens Kloster Sittichenbach in der Nähe von Mansfeld. Beide Tochterklöster waren ebenso im Osten aktiv und gründeten weitere Tochterklöster wie Buch, Grünhain, Lehnin, Paradies, Chorin, Himmelpforta, Dünamünde, Falkenau, Stolpe, Kamenz, Leubus, Alt- und Neuzelle, Heinrichau, Mogila und Grüssau.

Mönche legen Teiche um Walkenried an

Die Mönche waren unermüdlich in ihrem Schaffensdrang und widmeten sich der versumpften Helmeniederung mit großem Einsatz. Sie machten das Gebiet fruchtbar und legten zahlreiche Teiche an, von denen es heißt, dass es ihrerer 360 waren. Im Jahr 1157 setzte Kaiser Friedrich Barbarossa ein Zeichen seiner Wertschätzung und schenkte dem Kloster ein Viertel der Erzausbeute vom Rammelsberg Goslar. Dies war der Beginn eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, das sich auf weitere Güter und Ländereien in der Region ausweitete. Es wurden Mühlen, Brauereien, Brennereien, Steinbrüche, Gips- und Glashütten sowie Ziegeleien errichtet, um für die Produkte Absatzmärkte zu schaffen. Das Kloster erwarb Grundbesitz in Nordhausen, Goslar, Osterwieck und Göttingen und installierte dort Handelsstationen, um ihre Waren zu verkaufen.

 

Kloster erhält zahlreiche Privilegien

Im Jahr 1315 schenkte Kaiser Heinrich VII. dem Kloster Salzgüter in Lüneburg, was dazu führte, dass ein Klosterhof errichtet wurde. Das Kloster unterstand zunächst dem Schutz der Grafen von Clettenberg und nach deren Aussterben im Jahr 1280 übernahmen die Hohnsteiner Grafen das Amt. Durch die Unterstützung der deutschen Kaiser, die dem Kloster großzügige Privilegien gewährten, entwickelte sich Walkenried zu einem der reichsten und mächtigsten Klöster Deutschlands. Zu den bedeutenden Gnadenerweisen gehörten das Recht, Kohle im Harzwald zu brennen, Zollfreiheit im gesamten Reich, eine eigene Gerichtsbarkeit und Münzhoheit. Die Äbte des Klosters hatten den Rang eines Fürsten und saßen unter den Reichsständen.

Auch von den Päpsten wurden dem Kloster umfangreiche Rechte verliehen. Ab dem Jahr 1516 wurde der Rang des Abtes mit dem des Bischofs verbunden, was als Zeichen kirchlicher Würde galt. Trotz des ständigen Wachstums des Klosters gab es jedoch auch Konflikte. Schon im frühen 13. Jahrhundert kam es zu Spannungen zwischen den Mönchen und den regionalen Standesherren. In der Mitte des 13. Jahrhunderts erreichte das Kloster seine größte Blüte. Allerdings führte der zunehmend liederliche Lebensstil der Mönche, der den strengen Ordensregeln widersprach, zu Spannungen mit dem regionalen Adel, der in Armut lebte. Zwischen 1380 und 1390 eskalierte dieser Konflikt und Klostergüter wurden geplündert und zerstört, was zu hohen Wiederaufbaukosten führte.

Das Kloster hatte aber in finanziellen Angelegenheiten kein glückliches Händchen. Große Summen verliehenes Geldes konnten nicht zurückgezahlt werden, was das Kloster in große Schwierigkeiten brachte. Dies führte letztendlich zu einer Art „Pleite“ im Jahr 1399 und zwangsweiser Verwaltung durch Papst Urban VI. Der Ruf des Klosters wurde dadurch stark beeinträchtigt, was wiederum zu einem Rückgang der Anzahl der Mönche und Laienbrüder führte und somit zu einem Mangel an Arbeitskräften. Diese negativen Entwicklungen lösten einen unaufhaltsamen Abwärtstrend aus. Die politische Situation im deutschen Kaiserreich verschärfte sich Ende des 15. Jahrhunderts zudem durch Ereignisse wie den Bundschuh-Aufstand und die Reformation, welche Kirche und Reich bis in ihre Grundfesten erschütterten.

Der Bauernkrieg in Walkenried

Im Jahr 1525 fand der Bauernkrieg in Mitteldeutschland statt, der das Kloster Walkenried schwer traf. Die Harzer Bauern waren voller Wut und Hass und verwüsteten das Kloster. Für sie war diese Zerstörung ein Glück, da sie dadurch der tragischen Schlacht von Frankenhausen entgingen. Trotzdem wurde versucht, das Kloster nach dem Krieg zu retten, aber ohne Erfolg. Im Jahr 1546 setzten die Grafen von Hohnstein, Schwarzenburg und Stolberg die Einführung der Reformation endgültig durch, obwohl Kaiser Karl V. die Rückkehr zum katholischen Glauben forderte. Im Jahr 1557 wurde im Kloster eine humanistische Bildungsstätte von den Hohnsteinern gegründet. Nach dem Aussterben der Hohnsteiner Grafen übernahmen 1593 die Herzöge von Braunschweig die Schirmherrschaft.

Im Verlauf des dreißigjährigen Krieges wurde das Kloster Walkenried von zahlreichen Wirren heimgesucht, ehe erst nach Kriegsende Ruhe und Ordnung einzogen. Allerdings konnte das Kloster nicht mehr zu seiner einstigen Blüte zurückfinden, da es im Zuge seiner Säkularisation den Braunschweiger Herzögen als erblichen Besitz übergeben wurde. Der stetige Geldmangel hatte über Jahre und Jahrzehnte hinweg zu einem sukzessiven Ausverkauf geführt, den die Braunschweiger Herzöge schließlich vollendeten. Selbst die letzten Ländereien wurden veräußert und 1668 musste auch die florierende Klosterschule ihre Pforten schließen. So endete die jahrhundertelange Ära von Walkenried als geistiges Zentrum.

Lediglich die Überreste des früheren Stifts zeugen heute von der einstigen Macht und Bedeutung des größten deutschen Zisterzienserklosters. Allerdings sind diese Überreste so gewaltig und beeindruckend, dass der Betrachter unweigerlich Respekt und Ehrfurcht empfindet und die Silhouette von Walkenried nicht so leicht vergessen wird.