Der Kleinert-Stein in Hohegeiß

38700 Braunlage
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Der Kleinert-Stein in Hohegeiß

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Der Kleinert-Stein in Hohegeiß steht seit 1971 am Parkplatz am nördlichen Ortsrand des Ortes.

Dieser Gedenkstein repräsentiert ein Stück innerdeutscher Geschichte – die deutsche Teilung.

Das Abenteuer in der Übersicht

Nach dem Zweiten Weltkrieg im Harz

Nach Ende des Krieges im Jahr 1945 zogen die Alliierten eine Linie quer durch den Harz, um eine Demarkationsgrenze zu schaffen. Diese Grenze wurde später zur Staatsgrenze der DDR erklärt. Anfangs war sie noch relativ offen, doch von Jahr zu Jahr wurde sie immer stärker gesichert und bewacht. Das Überschreiten dieser Grenze wurde daher zunehmend gefährlicher und viele zahlten für den Versuch mit ihrem Leben.

Am 1. August 1963 planten Helmut Kleinert aus Quedlinburg und seine Frau Marlit über den Ort Hohegeiß aus der DDR zu flüchten. Leider scheiterte ihr Fluchtversuch in Richtung Sorge – Helmut Kleinert wurde erschossen und seine Ehefrau verhaftet sowie wegen „Republikflucht“ verurteilt.

Geheime Verschlusssache Kleinert

Die Einschätzung und Darstellung der Ereignisse variierte je nach Zeitgeist in Ost und West. In der DDR wurde der Vorfall als „Geheime Verschlusssache“ betrachtet und lediglich in der „Tagesmeldung Nr. 214/61“ wie folgt festgehalten:

„Am 01.08.1963 um etwa 13:45 Uhr wurden zwei Grenzverletzer von den Grenztruppen festgenommen, wobei einer durch die Schussabgabe eines Kontrollstreifen-Teams bestehend aus Hauptmann K., Uffz. Sch. und einem Grenzposten im nördlichen Abschnitt zwischen Sorge-Hohegeiß tödlich verletzt wurde.

Die Grenzverletzer – Kleinert, Helmut / geb. 14.08.1939 / Schlosser / wohnhaft: Quedlinburg / Mitglied der SED – Reservist und Kleinert, Marlit / 12.02.1941 / ohne Beruf / wohnhaft: Quedlinburg – versuchten trotz Anrufe und Abgabe eines Warnschusses die Grenze zu durchbrechen.

Durch taktisch gutes Verhalten gelang es, die Frau ohne weitere Anwendung der Schusswaffe festzunehmen. Da K. die Flucht fortsetzte, wurde durch den Uffz. Sch. und einem im Abschnitt eingesetzten Grenzposten das gezielte Feuer eröffnet. Trotzdem K. am Bein verletzt wurde, versuchte er die Sperre zu überwinden. Durch gezieltes Feuer (es wurden insgesamt 60 Schuss abgegeben) wurde K. in der Sperre tödlich verletzt. Der Abschnitt ist vom Gegner nicht einzusehen. Trotzdem gab es auf westlichem Gebiet, auf Grund des unorganisierten Schießens, eine Ansammlung von ca. 200 Personen.“

In der Bundesrepublik dagegen berichteten die Medien wie folgt:

„Ein Mann wurde bei einem Fluchtversuch aus der sowjetisch besetzten Zone im Kugelregen östlicher Maschinenpistolen getötet.“ Genauere Angaben folgten dann in einem Augenzeugenbericht: „Es war ungefähr dreiviertel zwei …. Plötzlich hörte ich Schüsse krachen…. Auf der Landstraße, die früher von Sorge nach Hohegeiß führte, lief eine Frau. Nach den Schüssen blieb sie stehen. 80 Meter von ihr entfernt keuchte ein Mann in der Kleidung eines Landarbeiters in hastendem Lauf in westlicher Richtung auf den 300 Meter entfernt liegenden Stacheldrahtzaun zu. Aus den hölzernen Wachtürmen wurde aus Maschinenpistolen und Sturmkarabinern auf den um sein Leben Laufenden geschossen… Zehn Meter trennten den Mann noch vom ersten Stacheldrahtverhau vor dem umgepflügten Todesstreifen, da sahen wir, dass der arme Kerl ins Bein getroffen wurde …. Trotzdem gelang es ihm, unter dem Draht hinweg zu robben und in einem kleinen Buschwerk unterzutauchen. 70 Meter fehlten ihm noch bis in die Freiheit …. Blitzschnell waren zwei „Vopos“ heran. Aus der Nähe knallten sie aus MP’s mehrere Salven in das Buschwerk, aus dem dann – zwei Stunden später – nur noch ein Toter geborgen werden konnte …. Schon vorher war die Frau – offensichtlich unverletzt – fortgeschafft worden…. Im Gegensatz zu vielen anderen Stellen des Harzes liegen hier keine Minen, und die Grenze ist durch einen Stacheldrahtzaun gesichert.“

Holzkreuz mit Stacheldraht als Mahnmal

Einige Tage später wurde auf der westlichen Seite der Grenze, gegenüber dem Ort des Verbrechens, ein Kreuz aus Holz errichtet. Es war mit einem Kranz aus Stacheldraht geschmückt. Als man den Namen des Getöteten herausfand, fügte man eine Tafel mit seinem Namen hinzu. So entstand eine Gedenkstätte an der Grenze, die regelmäßig mit Blumen und Kränzen geschmückt wurde. Als das Holzkreuz verrottet war, ersetzte man es durch den heutigen Gedenkstein.

(Text nach „Hohegeiß – Ort an der Grenze“ von Friedemann Schwarz)

Fotos: Wolfgang Stolze